Abschiebeflughafen und Abschiebeknast Hannover – Demo am 16. Juli 2022 um 12:30 Uhr

Foto: Eike Führing

Von @SolinetHannover:

Ferienbeginn in Niedersachsen – es wird voller am Flughafen Hannover-Langenhagen. Vielleicht etwas Urlaubsstress, aber die gute Laune überwiegt. Sommer, Sonne, alles gut! Alles gut? Neben dem Klimawandel gibt es ein weiteres Thema, das uns den Spaß an Ferienbeginn und Flugsaison gründlich verdirbt: Abschiebungen. Denn Langenhagen ist nicht nur Urlaubsflughafen, sondern auch Abschiebeflughafen. Seit letztem Jahr wieder und seit diesem Jahr noch vermehrt, werden Menschen durch Sammelabschiebungen in Sonderflügen abgeschoben. Waren es 2021 sieben Abschiebungen im ganzen Jahr waren es dieses Jahr bereits sieben Abschiebungen aus Langenhagen. Zielländer sind u.a. Pakistan, Ghana, Albanien oder im Frühsommer 2021 sogar noch Afghanistan!

Und wer profitiert dabei? Die Flughäfen und Flugunternehmen mit so schönen Namen wie Privilege Style, Sundair oder Wamos Air. Abschiebungen gibt es auch auf normalen Linienflügen, ganz vorne dabei ist die Lufthansa.

Deshalb fahren wir am ersten Samstag nach Ferienbeginn, am 16. Juli 2022 um 12:30 am Flughafen Hannover-Langenhagen – nicht um in den Urlaub zu fliegen, sondern um am Abschiebeknast und im Flughafen gegen die menschenverachtende Praxis der Abschiebung zu demonstrieren. Wir machen deutlich, dass wir uns gegen die deutsche und europäische Politik der Abschottung, Ausgrenzung und Entrechtung stellen und für eine solidarische Gesellschaft kämpfen, in der das Recht auf Bewegungsfreiheit weltweit gilt!
Gegen jede Abschiebung!

#stopdeportation #bleiberechtfüralle #leavenoonebehind #cantevictsolidarity #abschiebungistmord

Folgt den Accounts von
@solinethannover
@tique_hannover
@seebrueckehannover
für aktuelle Infos.

Samstag, 16. Juli 2022
Start 12:30 an der S-Bahn-Station Flughafen Hannover-Langenhagen, Ankunftsebene

Gemeinsame Anreise ab Hannover Hauptbahnhof: 12:09 mit der S5 ab Gleis 3

Sammelabschiebung nach Georgien aus Hannover am 23. Juni 2022

Von @HannoverSolinet, 23. Juni 2022:

Mindestens 50 Menschen, meist Familien aus #Niedersachsen werden heute gegen ihren Willen nach #Georgien geflogen. Es ist die bereits siebte Sammelabschiebung in diesem Jahr allein von diesem Flughafen (@FlueRat_Nds).
#Abschiebung vom Flughafen #Hannover-Langenhagen.
@Deport_Alarm
#StopDeportation

Foto: @HannoverSolinet

Von Seebrücke Hannover @SeebrueckeH, 23. Juni 2022:

Menschen werden in Bussen zum Terminal gebracht.

Quelle: @SeebrueckeH

Es werden auch besonders vulnerable Menschen abgeschoben. Menschen in Rollstühlen werden aus den Bussen geholt.

Foto: @SeebrueckeH

Der Hubwagen für die Rollstuhlfahrer*innen wird zum Flugzeug gebracht.

Foto: @SeebrueckeH

Das Flugzeug von #GeorgianAirways steht zu #Abschiebung bereit.

Foto: @SeebrueckeH

Wir fordern den sofortigen Stopp aller Abschiebungen vom Flughafen Hannover!
No Border, no Nation – Stop Deportation!
#allebleiben
#StopDeportation

EU-Freizügigkeit nur mit Arbeitszwang

Vor 2 Wochen wurde B abgeschoben. Zuvor lebte sie als Arbeitsmigrantin aus einem benachbarten EU-Land ca. 12 Jahre in Deutschland.Vor ihrer Abschiebung war B 3 Wochen im Abschiebeknast in Langenhagen inhaftiert, zu diesem Zeitpunkt als einzige FLINTA* Person dort; daher bedeutete das quasi „Einzelhaft“. Ihr einziges „Verbrechen“: Der Bezug von Sozialleistungen.

Das ist die Realität von EU-Arbeitsmigrant*innen in Deutschland: für sie gilt „Freizügigkeit“, so lange sie in oft prekären Ausbeutungsverhältnissen die Drecksarbeit erledigen. Wenn sie das Pech haben, ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen zu können, werden sie verhaftet, eingesperrt und abgeschoben. Denn der deutsche Staat duldet keine Zuwanderung in seine Sozialsysteme, braucht aber Arbeitskräfte, die leicht ausgebeutet werden können. Was den Menschenfeinden von SPD und CDU dazu so einfällt, ist hier zu finden: https://www.zdf.de/politik/frontal/wohnungslose-eu-arbeitsmigranten-in-deutschland-100.html

B selbst war unklar, wieso sie eingesperrt wurde – sie beteuerte unter Tränen, immer alles gemacht zu haben, was die Ausländerbehörde verlangt habe.

Wieso können deutsche Ausländerbehörden nicht dafür sorgen, dass betroffene Menschen wenigstens verstehen, was über sie verfügt wird, indem sie Übersetzer*innen beschäftigen?

Und wieso ist so eine lange Inhaftierung nötig für eine #Abschiebung in ein Land, das nur wenige Autostunden von Hannover entfernt ist? Zumal B – wie alle abgeschobene Menschen – die Kosten ihrer #Abschiebehaft und ihrer Abschiebung selbst tragen muss! Durch die unnötig lange Abschiebehaft wird somit eine erneute Arbeitsmigration von B in naher Zukunft unmöglich, da der deutsche Staat sie erstmal zu Kasse bitten würde!

Aber so etwas wie eine faire Abschiebung gibt es natürlich nicht – jede Abschiebung ist ein Verbrechen! Trotzdem könnte man wenigstens erwarten, dass Menschen nicht unnötig gequält werden, bevor sie abgeschoben werden.

Diese unmenschlichen Zustände müssen aufhören! Wir fordern ein Ende des Abschieberegimes, ein bedingungsloses Bleiberecht für alle und die Schließung aller Abschiebeknäste!

No Border, No Nation – Stop Deportation!

In Deutschland geboren – Aus Deutschland abgeschoben

Letzte Woche wurde M aus Deutschland abgeschoben. M ist in Deutschland geboren, war noch nie in dem Land, aus dem seine Eltern einst geflohen sind und in das er nun durch die Abschiebung verschleppt wurde, spricht die Landessprache nur teilweise und hat dort kein verlässliches soziales Netz. Das Land befindet sich zudem in einer schweren Wirtschaftskrise und hat eine unsichere politische Situation. Es ist zu befürchten, dass M dort wenig Chancen hat, sich ein neues, sicheres Leben aufzubauen.

Vor seiner Abschiebung saß M sechs Wochen lang in Abschiebungshaft. Diese Freiheitsberaubung basierte auf der bloßen Vermutung, dass er sich sonst seiner Abschiebung entziehen könnte, in der Realität gab es dafür jedoch keine Anhaltspunkte. M erzählte außerdem, dass er über die letzten Jahre von der zuständigen Ausländerbehörde systematisch drangsaliert wurde. So musste er z.B. jeden Monat seine Duldung verlängern lassen und auch sein Arbeitgeber musste monatlich Papiere für die Ausländerbehörde ausfüllen. Wegen des hohen Aufwandes und ständigen Stresses verlor M dadurch seine Arbeitsstelle und später auch seine Wohnung.

M’s Chancen, in den nächsten Jahren wieder nach Deutschland einzureisen, sind sehr schlecht. Und selbst wenn es ihm irgendwie gelingen sollte wurden ihm durch die Abschiebung Jahre seines Lebens gestohlen und seine Existenz hier vernichtet.

Indes ist sicher, dass solche Situationen kein Einzelfall sind. Menschen werden beim Spazierengehen festgenommen, nachts in ihren Wohnungen überfallen oder unter falschem Vorwand auf die Ausländerbehörde gelockt und dort verhaftet, um sie abzuschieben. Dabei wird auch vor Kindern, behinderten, traumatisierten, kranken oder verfolgten Menschen nicht halt gemacht.

Diese Details zeigen, wie gnadenlos das deutsche Abschieberegime gegen Menschen losschlägt, die aufgrund eines tief in der Gesellschaft verwurzelten Rassismus als nicht zugehörig und nicht berechtigt, in Deutschland leben zu dürfen, angesehen werden. Solche Beispiele machen die skandalösen Zustände aber nur besonders deutlich – natürlich sind alle Abschiebungen unabhängig von Geburtsort und Herkunft, unabhängig von der Lebenssituation der abgeschobenen Person und unabhängig von ihrer „Verwertbarkeit“ für die deutsche Wirtschaft ein nicht zu tolerierender Eingriff in die Selbstbestimmung von Menschen, bei der Verelendung, Krankheit und Tod bewusst in Kauf genommen werden – ein vom Staat durchgeführtes und legitimiertes Verbrechen!

Wir fordern daher ein bedingungsloses Bleiberecht für Alle, einen sofortigen Stopp aller Abschiebungen und die Schließung aller Abschiebeknäste!

#StopDeportation
#BleiberechtFürAlle

Sammelabschiebung nach Armenien von Hannover am 7. April 2022

Von @HannoverSolinet
Während deutlich wird was möglich ist, um schutzsuchenden Menschen zu helfen, gehen die grausamen Abschiebungen von lange integrierten Menschen weiter! Heute schon wieder eine #Sammelabschiebung vom Flughafen #Hannover-Langenhagen. Diesmal nach #Armenien. #StopDeportation

Während die einen nach getaner Arbeit nach Hause gehen, landen die anderen später in einem Land, aus dem sie einst geflohen sind oder das sie noch nie gesehen haben.

Sammelabschiebung aus Hannover nach Ghana in der Nacht vom 28. auf den 29. März

Von @HannoverSolinet 29. März 2022:
„16 Menschen, darunter mindestens 3 Kinder. Eine verletzte Frau und ein schwerkranker Mann“ wird von der Abschiebebeochtung vergangene Nacht am Flughafen Hannover Langenhagen berichtet.
Vergangene Nacht um ca. 2 Uhr wurden diese Menschen nach Ghana verschleppt, ein Land in dem die Sicherheitslage angespannt ist und in dem queere Menschen verfolgt und eingesperrt werden. Über einen der Abgeschobenen ist mehr bekannt, siehe dafür den aktuellen Beitrag bei @bleiberecht . Er ist chronisch krank und wird sich eine Behandlung in Ghana nicht leisten können.
Abschiebung ist Mord, das wird an diesem traurigen Beispiel wieder einmal offensichtlich.
Hört auf mit dieser menschenverachtenden Praxis!!!!
#allebleiben
#abschiebungistmord
#abschiebungenstoppen
Seid wachsam, folgt @deport_alarm und euren lokalen Gruppen, beobachtet, dokumentiert.

Flüchtlingsrat fordert umfassende Nachbesserung des Gesetzentwurfs zur Abschiebungshaft

Anlässlich der heutigen Sachverständigenanhörung zum Entwurf eines Niedersächsischen Abschiebehaftvollzugsgesetzes im Ausschusses für Inneres und Sport des Landtages fordert der Flüchtlingsrat erneut umfassende Nachbesserungen des Gesetzentwurfs und eine grundlegende Änderung der niedersächsischen Vollzugspraxis, da sie den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs offenkundig widerspricht.

Muzaffer Öztürkyilmaz, Referent beim Flüchtlingsrat Niedersachsen

„Das Abschiebungshaftgefängnis in Langenhagen wurde in der Vergangenheit unter anderem als Untersuchungshaftanstalt genutzt. Das Gelände ist von ca. acht Meter hohen Stahlzäunen umschlossen, auf denen Nato-Stacheldraht befestigt ist. Auch auf dem Gelände selbst stehen verschlossene Stahlzäune, die unterschiedliche Bereiche voneinander abgrenzen. Die Fenster im Gebäude sind vergittert. Die Rechte der Gefangenen bestimmen sich nach dem Strafvollzugsgesetz. Sie dürfen sich in der Regel nur auf dem eigenen Stockwerk aufhalten und werden ab dem frühen Abend in ihren Haftzellen eingeschlossen. Der Besitz von Smartphones oder Laptops ist Ihnen verboten. Ihre Besuche werden überwacht. Hinzu kommt, dass suizidale Gefangenen schlicht gefesselt und dadurch ruhig gestellt werden sollen. All dies ist mit den jüngsten Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs nicht vereinbar.“

In seinem Urteil vom 10, März 2022 (Az.: C-519/20) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) unter anderem ausgeführt, welche Voraussetzungen eine Hafteinrichtung erfüllen muss, damit sie als »spezielle Abschiebungshaftanstalt« qualifiziert werden kann – siehe auch unsere Pressemitteilung vom 10. März 2022. Nach Auffassung der Richter:innen am EuGH müsse es soweit wie möglich vermieden werden, dass die Unterbringung einer Inhaftierung in einer Gefängnisumgebung gleichkomme, wie sie für eine Strafhaft kennzeichnend sei. Zudem weist der EuGH darauf hin, dass der »Umstand, dass die nationalen Regelungen über die Strafvollstreckung (…) auf die Unterbringung von Drittstaatsangehörigen in Abschiebehaft anzuwenden sind, ein gewichtiges Indiz dafür darstellen, dass eine solche Unterbringung nicht in einer speziellen Hafteinrichtung im Sinne von Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie« stattfinde.

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen hat den Entwurf eines niedersächsischen Abschiebungshaftvollzugsgesetzes bereits im Rahmen der Verbandsanhörung ausführlich kommentiert und eingehende Änderungsvorschläge gemacht. Weder die Stellungnahme des Flüchtlingsrats noch die anderer NGOs und Wohlfahrtsverbände hat unter dem Strich Beachtung gefunden – siehe auch unsere Pressemitteilung vom 31. Januar 2022. Der Flüchtlingsrat ist zur heutigen Anhörung im Ausschusses für Inneres und Sport des Landtages zum Entwurf eines Niedersächsischen Abschiebehaftvollzugsgesetzes als Sachverständiger geladen.

(Quelle: Pressemitteilung vom Flüchtlingsrat Niedersachsen vom 17. März 2022)

Wichtiges EuGH-Urteil – auch für Niedersachsen: Flüchtlinge, die abgeschoben werden sollen, dürfen nicht gemeinsam mit Straftätern inhaftiert werden

PRO ASYL, der Flüchtlingsrat Niedersachsen und Rechtsanwalt Peter Fahlbusch begrüßen, dass der Europäische Gerichtshof in seinem heutigen Urteil erstmalig Leitplanken vorgegeben hat für die Unterbringung von Menschen, die abgeschoben werden sollen. Die Bundesregierung muss Konsequenzen ziehen. Die Bundesländer sind gefordert, ihre Haftanstalten zu überprüfen und zum Teil umzubauen.

Die Luxemburger Richter sind heute zu dem Ergebnis gelangt, dass bei der Inhaftierung von Menschen zum Zwecke der Abschiebung Mindeststandards zu beachten sind. So dürfen Abschiebehäftlinge nicht in Gefängnis-ähnlichen Einrichtungen untergebracht werden. Sollten sie aufgrund mangelnder Kapazitäten in eine Haftanstalt eingesperrt werden, auf deren Gelände sich auch Strafgefangene befinden, so muss vorab vom Haftrichter überprüft werden, ob tatsächlich eine unvorhersehbare Notlage vorliegt, die das nötig macht. Anders als von der Bundesregierung vor drei Jahren mit dem „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ beschlossen, ist dies vorab zu prüfen. Der EuGH macht nun klar: Deutschland darf nicht pauschal eine Notlage verkünden und Abschiebehäftlinge deshalb mit Straftätern zusammen einsperren. Entgegen der Auffassung der Bundesregierung gibt es hier also keinen justizfreien Raum!

Rechtsanwalt Peter Fahlbusch von der Kanzlei LSFW in Hannover, der das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof führt, PRO ASYL und der Flüchtlingsrat Niedersachsen fordern die Bundesregierung auf, dafür zu sorgen, dass § 62a Absatz 1 des Aufenthaltsgesetz nun infolge des Urteils entsprechend geändert wird. Die im Sommer 2019 eingeführte Regelung, die es erlaubt, Abschiebungsgefangene bis 30. Juni 2022 zusammen mit Strafgefangenen in ein- und derselben Einrichtung unterzubringen, muss nach der heutigen Entscheidung unverzüglich ausgesetzt werden.

Geflüchtete, die keine kriminelle Tat begangen haben, dürfen nicht hinter meterhohen Gefängnismauern verschwinden

Im konkreten Fall, über den der EuGH entschied, hatte sich ein Mann aus Pakistan gegen den Abschiebungshaft angeordnet worden war, mit einer Beschwerde gegen seine mehrere Wochen dauernde Unterbringung in der Haftanstalt Hannover an das dortige Amtsgericht gewandt. Er war in einem Gefängnis untergebracht, das zwar für Abschiebehäftlinge vorgesehen war, in dem aber im fraglichen Zeitpunkt auch Strafgefangene waren. In diesem Fall spielt der EuGH den Ball an die Bundesrepublik zurück. Aber: „Das Urteil ist ein Appell an die Landesregierungen, sich bestehende Hafteinrichtungen genau anzusehen und diese gegebenenfalls umzubauen“, sagt Rechtsanwalt Fahlbusch. Peter von Auer, rechtspolitischer Referent bei PRO ASYL, kommentiert: „Haftanstalten wie die im bayerischen Hof oder in Glücksstadt in Schleswig-Holstein sind von meterhohen, stacheldraht-bewehrten Mauern umgeben und haben damit eindeutig den Charakter eines Gefängnisses. Der EuGH hat klar gemacht, dass Abschiebehäftlinge dort nicht eingesperrt werden dürfen. Denn es geht hier um Personen, die sich nichts haben zu Schulden kommen lassen, sondern lediglich ausreisepflichtig sind. Diese Menschen sind keine Kriminellen und sollten auch nicht so behandelt werden.“

Muzaffer Öztürkyilmaz vom Flüchtlingsrat Niedersachsen ergänzt: „Zudem müssen jetzt alle Bundesländer eigene Gesetze erlassen, die die Rechte der Abschiebehäftlinge regeln und sich klar unterscheiden von denen zum Strafvollzug. Auch das Land Niedersachsen darf nicht so weiter machen wie bisher. Ohne eine solche Regelung ist eine Inhaftierung rechtswidrig.“ Das trifft insbesondere auch auf Bayern zu, das in der Abschiebepolitik besonders restriktiv vorgeht.

Anwalt: Die Hälfte aller Menschen in Abschiebehaft zu Unrecht inhaftiert

Rechtsanwalt Fahlbusch weist darauf hin, dass weitergehende Veränderungen nötig sind. „Die gegenwärtige Praxis, Betroffene ohne anwaltliche Unterstützung teilweise monatelang einzusperren, nur um sie von A nach B zu verbringen, ist eines Rechtsstaats unwürdig und muss dringend geändert werden.“ Nicht alles, aber vieles würde besser, wenn die Gefangenen vom Tag der Festnahme an einen Pflichtanwalt zur Seite gestellt bekämen. Die Ampel-Koalition hat sich vorgenommen, Kinder und Jugendliche nicht mehr in Abschiebungshaft zu nehmen. Das heutige Urteil macht erneut deutlich, dass das nicht ausreicht.

Seit 2001 hat Rechtsanwalt Fahlbusch bundesweit 2.215 Menschen in Abschiebungshaftverfahren vertreten. Er stellt regelmäßig eigene Berechnungen auf, weil es keine offiziellen Zahlen gibt. In den Fällen des Anwalts wurden 1.164 dieser Menschen (das heißt 52,6 %) laut den vorliegenden rechtskräftigen Entscheidungen rechtswidrig inhaftiert (manche „nur“ einen Tag, andere monatelang). Zusammengezählt kommen auf die 1.164 Gefangenen 30.507 rechtswidrige Hafttage, das sind gut 83 Jahre rechtswidrige Haft (Stand: 8.3.2022). „Im Durchschnitt befand sich jeder Mandant knapp vier Wochen zu Unrecht in Haft. Das ist ein handfester Skandal, der uns alle nachdenklich machen sollte“, sagt Fahlbusch, der bis auf Weiteres ein sofortiges Haftmoratorium fordert.

Hintergrund

In Abschiebungshaft kommt nur jemand, der ausreisepflichtig ist und bei dem die Sorge einer Fluchtgefahr besteht. Das bietet viel Interpretationsspielraum. Ob Fluchtgefahr vermutet wird oder nicht, ist sehr subjektiv und hängt auch mit den persönlichen und politischen Einstellungen derjenigen Mitarbeiter*innen in der Ausländerbehörde oder im Regierungspräsidium zusammen, die das entscheiden. Obwohl nur Menschen in Abschiebungshaft festgehalten werden dürfen, bei denen die Gefahr besteht, dass sie untertauchen, landen auch Alte, Kranke, Schwangere oder Mütter mit Kleinkindern in Abschiebegefängnissen.

Das Vorabentscheidungsverfahren dient dazu, es nationalen Gerichten zu ermöglichen, dem EuGH Fragen bezüglich der Auslegung und Gültigkeit von Europarecht vorzulegen. Das vorlegende Gericht und alle folgenden Instanzen sind an die Entscheidung des EuGH gebunden.

PRO ASYL hat das Gerichtsverfahren über seinen Rechtshilfefonds unterstützt. Zum Hintergrund siehe hier; ein Interview mit RA Fahlbusch zur Abschiebehaft lesen Sie hier.

(Quelle: Pressemitteilung des Flüchtlingsrats Niedersachsen vom 10. März 2022)

Kino im Sprengel, Donnerstag 17.03.2022 20:30 Uhr

Zum Internationalen Tage der Politischen Gefangenen

Zu Gast ist Turgay Ulu

Der Aktivist, Schriftsteller und Journalist Turgay Ulu verbrachte 15 Jahre in Untersuchungshaft in türkischen Gefängnissen – ohne Gerichtsbeschluss oder Urteil. Ein Filmporträt

15 YIL 15 Years In CustodyEmine Demir, D, 2020, 52 Min., DCP, O.m.engl.UT

Der Dokumentarfilm 15 YIL – 15 Years in Custody beleuchtet die unrechtmäßige Inhaftierung des Aktivisten, Schriftstellers und Journalisten Turgay Ulu. Der damals 23-Jährige wurde beschuldigt, an der bewaffneten Befreiung eines politischen Gefangenen teilgenommen zu haben. Ohne Gerichtsbeschluss verbringt er 15 Jahre in Untersuchungshaft in der Türkei. Doch Turgay, politischer Aktivist und überzeugter Marxist, beteiligt sich am Widerstand im Gefängnis wie etwa Hungerstreiks oder Gebäudeblockaden, insbesondere gegen die gewaltsame Einführung der Einzelhaft. 15 YIL ist ein Film voller Mut, Liebe und Solidarität. Über fünf Jahre arbeitete die Filmemacherin an dem Film, der unter schwierigen, oft riskanten Drehbedingungen und mit minimalem Budget entstand. Turgay Ulu, dem 2011 die Flucht aus der Türkei gelang und der seither in Deutschland lebt, wird im Anschluss an den Film zum Gespräch bereitstehen.

In Kooperation mit dem Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. und der Rosa-Luxemburg-Stiftung Niedersachsen
Eintritt frei – Spenden erwünscht.

Keine Ruhe der AFD

Keine Ruhe der AfD – am 5. März will die AfD erneut eine Kundgebung unter dem Motto „Gesund ohne Zwang“ am Platz der Göttinger Sieben abhalten. Ganz der „Freiheit“ verpflichtet suchen sie dabei weiterhin den Schulterschluss mit Querdenkern und co. – Nicht mit uns! Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus bedeuten alles andere als Freiheit – Lasst uns den Feinden der befreiten Gesellschaft entgegentreten!

Die Forderung zur Rückkehr zur „Normalität“ und der Wunsch nach „Freiheit“ sind schlicht die noch autoritärere Auflösung der pandemischen Lage, des ohnehin schon autoritären Krisenmanagements des Staates. Was in diesen gut klingenden Worten steckt, ist die Inkaufnahme von zig weiteren Toten und die Rückkehr zum kapitalistischen Normalbetrieb. Die menschenfeindliche Ideologie entlädt sich dabei vor allem bei denen, die der Freiheit der AfD zum Opfer fallen würden, jenen, die von den Schäden des Virus am ehesten Betroffen wären – Alte Menschen, kranke Menschen, Menschen aus prekären Verhältnissen und beengten Wohnsituationen, marginalisierte Menschen. Menschen also, die im Freiheitsgerede der AfD nicht vorkommen, weil sie unter kapitalistischen Vorzeichen als wertlos erscheinen und deren Krankheit und Tod keine Rolle spielen. Schließlich könnten die Marginalisierten ja dem Wirtschaftsstandort Deutschland schaden.

Im Visier der AfD stehen dabei vor allem migrantische Menschen. Stephan Bothe, AfD Abgeordneter des Landkreis Lüneburg und Organisator der AfD Demos der letzten Monate, weist immer wieder in rassistischen Hetztiraden auf Facebook und anderen Plattformen auf die vermeintlich verfehlte Einwanderungspolitik hin. Gegen Bothe läuft aktuell ein Parteiausschlussverfahren, weil er im Februar 2021 an einem geheimen Treffen zur Neugründung des sogenannten Flügels, eine völkisch, rechtsextreme Splittergruppe der AfD, teilgenommen haben soll.

Das was Bothe und seine Freunde auszeichnet sind seine paranoiden Wahnvorstellungen, er glaubt von einer „Antifa-Sekte“ regiert zu werden, weil die SPD Politikerin Nancy Fraeser in einem „antifa“ Magazin einen Beitrag veröffentlicht hat. Tatsächlich ist die Machtkonstellation eine ganz andere. Erst vor einem Jahr schwadronierte der niedersächsische Innenminister der SPD, Boris Pistorius, von einem Verbot der „Antifa“, auf die Worte folgen nun Taten: Antifas werden mit Repressionen überzogen und insgesamt 14 Hausdurchsuchungen in Braunschweig und Hannover durchgeführt.

Wir halten fest: Nach einer versäumten Impfkampagne, dem Scheitern beim Aufbau einer funktionierenden PCR-Test Infrastruktur sowie der fehlenden Verteilung kostenloser FFP2 Masken, leiden vor allem die Arbeiter*innen unter dem staatlichen Versagen in der Pandemie. Tote werden somit billigend inkauf genommen, zum Preis der öknomischen Unversehrtheit des Landes. Das was im staatlichen Handeln angelegt ist, führt die AfD konsequent zu Ende – die endgültige Aufhebung aller Maßnahmen unter dem Deckmantel der Freiheit. Somit wird klar, dass sowohl im staatlichen Krisenmanagement, als auch im Hass auf Linke – Staat und AfD enge Verbündete sind und diese Zustände die autoritäre Zuspitzung kennzeichnen.
Also Anlass genug die autoritäre Formierung zu durchbrechen und die Verhältnisse als solche anzugreifen!

Kommt am 5.3. um 13:30 Uhr zum Steintor und kämpft mit uns gegen diese Verhältnisse und ihre autoritären Auswüchse! Nationalismus ist keine Alternative!❗️