Break free!

Für eine Welt ohne Knäste Mauern, Grenzen!

Weg mit der Abschiebehaft!

Am 8. Dezember 2000 hat sich der 17-jährige Arumugasamy Subramaniam im Abschiebegefängnis Hannover-Langenhagen das Leben genommen. Erst wenige Monate zuvor, im Mai 2000 wurde die JVA als Niedersachsens zentrales Abschiebegefängnis in Betrieb genommen. Direkt am Flughafen in drei Gebäuden eines ehemaligen Kasernengeländes, die noch in den 90er Jahren einmal Teil der „Zentralen Aufnahmestelle für Asylsuchende“ waren, kann der Ort symbolträchtiger nicht sein. Hier werden Menschen aus Niedersachsen und in Amtshilfe auch aus anderen Bundesländern inhaftiert, um ihre Abschiebung durchzusetzen.

So sollte auch Arumugasamy Subramaniam aus dem Gefängnis nach Sri Lanka abgeschoben werden. Der tamilische Jugendliche lebte bereits seit über fünf Jahren in Deutschland und sollte nun zwangsweise nach Sri Lanka gebracht werden, wo zu der Zeit noch der Bürgerkrieg zwischen der tamilischen Unabhängigkeitsbewegung und der sri-lankischen Regierung in vollem Gange war. Sein Onkel, der die deutsche Staatsbürgerschaft hatte, bemühte sich vergeblich um seine Adoption. Arumugasamy Subramaniam fürchtete, in Sri Lanka sofort inhaftiert und misshandelt zu werden. Er sah in seiner Verzweiflung offenbar keinen anderen Ausweg als den Suizid.

Die Inhaftierung ist der weitestgehende gesetzlich zugelassene Eingriff des Staates in die persönlichen Rechte von Menschen und die schärfste Maßnahme innerhalb der Abschiebemaschinerie, um die zwangsweise Ausreise von Menschen durchzusetzen. Bis zu 18 Monate können Menschen eingesperrt werden, ohne dass sie eine Straftat begangen hätten.

Abschiebegefängnisse stehen am Ende eines repressiven Systems, dem Schutz suchende Menschen von Anbeginn in Europa unterworfen sind und das v.a. durch Lager und dem Bestreben der Behörde nach permanenter Kontrolle gekennzeichnet ist. Es beginnt für viele Geflüchtete bereits in den unmenschlichen Camps an den EU-Außengrenzen und findet in Deutschland seine Fortsetzung in sog. Aufnahmezentren und den beschönigend  bezeichneten AnkER-Zentren („Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückkehrzentren“).

Abschiebegefängnisse sind Ausdruck eines gnadenlosen Willens, ein Migrationsregime durchzusetzen, der seine Entsprechung an den EU-Außengrenzen in Grenzzäunen, illegalen Pushbacks, Sabotage von ziviler Seenotrettung oder konkreten z.T. tödlichen Angriffen durch Frontex und Grenzschutztruppen auf Schutz suchende Menschen findet.

Seit 101 Jahren, seit den Anfängen der Weimarer Republik, gibt es inzwischen in Deutschland Abschiebungshaft. Diese lange menschenverachtende Tradition ist für uns kein Grund diese Praxis der Entrechtung stillschweigend zu akzeptieren. Wir wollen die Menschen in den Abschiebegefängnissen nicht vergessen und ihnen unsere Solidarität zum Ausdruck bringen.

Wir nehmen den 20. Jahrestag des Todes von Arumugasamy Subramaniam zum Anlass, an die Opfer der unmenschlichen Abschiebemaschinerie zu erinnern und die Beendigung von Abschiebehaft zu fordern. Wir protestieren gegen die Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit von Abschiebungen.
Wir wollen deutlich machen, dass wir uns gegen die deutsche und europäische Politik der Abschottung, Ausgrenzung und Entrechtung stellen und für eine solidarische Gesellschaft kämpfen, in der das Recht auf Bewegungsfreiheit weltweit gilt.

Break Free!

Für eine Welt ohne Knäste, Mauern, Grenzen!

Kommt zur Kundgebung am Sa., 12.12.2020, um 12.00 Uhr

Ort: Ernst-August-Platz

Es rufen auf:

Solinet Hannover, Autonomes Feministisches Kollektiv Hannover, NAV-DEM Hannover, Antifa L, Hannover Solidarisch

Kundgebung „Hannover ist unsicherer Hafen. Papiere statt Nummern!“ am 09.11.2020 vor der Ausländerbehörde

***englisch below*** 

Kundgebung vor der Ausländerbehörde
(Am Schützenplatz 1, 30169 Hannover)
09.11.2020, 07.00 Uhr

Wir kommen wieder. Weiterhin keine kommunale Daseinsvorsorge in Hannover.

Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit erhalten keine Papiere, sondern eine lächerlich geringe Anzahl von Terminen. Die Stadt versucht, mit dem neuen Online-Anmeldeverfahren die Betroffenen, die vorher nächtelang in Warteschlangen vor der Behörde warteten, unsichtbar zu machen. Aber die Menschen sind noch da – ohne Sicherheit.

Seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie ist die Ausländerbehörde noch schwieriger zu erreichen als sowieso schon üblich. Vergeblich haben in den vergangenen Monaten viele Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit versucht einen Termin bei der Ausländerbehörde zu vereinbaren. Dies führte dazu, dass die Menschen vermehrt persönlich die Ausländerbehörde aufgesucht haben und sich vor dem Gebäude lange Warteschlangen bildeten.

Die Ausländerbehörde hat pro Tag 100 Nummern vergeben. Die Menschen, die keine Nummer bekommen haben, sollten am darauffolgenden Tag wiederkommen. Um eine dieser Nummern zu ergattern, stellten sich die Menschen bereits morgens um 4 Uhr an und mussten stundenlang warten bis die Behörde öffnete.

Aktuell gibt es Zugeständnisse von Verwaltung und Politik, die menschenunwürdigen Verhältnisse bei der Ausländerbehörde anzugehen. Ein Onlineformular zur Termin-vereinbarung wurde eingerichtet; ein Besuch ist nur noch mit Voranmeldung möglich. Dieses Onlineformular schaltet sich beim „Erreichen der Spontan-kund*innenbedienkapazität“ automatisch ab. Der Wettbewerb um einen Termin wird in der darauffolgenden Woche wieder eröffnet.

Die Menschen aus den Warteschlangen werden unsichtbar gemacht. Damit mag sich die Landeshauptstadt wohler fühlen – für die Betroffenen indes ist nichts erreicht. Die Zustände ändern sich durch das neue Verfahren nicht ausschlaggebend. Sicherlich suchen weniger Menschen morgens bzw. nachts in der Kälte die Ausländerbehörde auf. Dennoch sind Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit weiterhin langen Wartezeiten für einen Termin bei der Ausländerbehörde ausgesetzt, sodass ihre Anliegen nicht (rechtzeitig) erledigt werden können.

Das hat zur Folge, dass die Menschen keine gültigen Aufenthaltspapiere bei bspw. Polizeikontrollen vorzeigen können. Ohne gültige Aufenthaltspapiere wird es weiterhin Schwierigkeiten geben, Leistungen vom Sozialamt und Jobcenter (pünktlich) zu erhalten oder aber eine Arbeit/Ausbildung aufzunehmen. Auch eine – auf dem rassistisch
strukturierten Wohnungsmarkt ohnehin erschwerte – Wohnungsanmietung ist unter diesen Umständen unvorstellbar.

Es hilft nicht, wenn 100 Menschen pro Tag ihr „Anliegen vortragen“ dürfen. Das Vorgehen der Landeshauptstadt verschärft die prekäre Situation der Menschen, die in rassistischen Verhältnissen auch außerhalb einer Pandemie Unsicherheit, Schikane und Diskriminierung ausgesetzt sind.

Wir tragen also ohne Terminvereinbarung unser Anliegen vor:
Beendet den Wettbewerb um Lebenschancen! Schluss mit der Elendsverwaltung! Gebt den Menschen Papiere!

Kundgebung vor der Ausländerbehörde
09.11.2020. 07.00 Uhr

Bitte passt auf Euch auf und achtet auf einander. Bei der Kundgebung
tragen wir Mund-Nasen-Bedeckung und halten Abstand.

Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit Hannover


Hannover is an unsafe port. Papers instead of numbers!

Demonstration in front of the foreigners‘ registration office

(Am Schützenplatz 1, 30169 Hannover)

09.11.2020, 07.00 a.m.

We’ll be back. Still no local public services in Hannover.

People without German citizenship do not receive any papers, but a ridiculously small number of appointments. With the new online registration procedure, the city is trying to make those affected invisible who previously waited in queues in front of the authority for nights on end. But the people are still there – without security.

Since the outbreak of the Covid-19 pandemic, the foreigners‘ registration office has been even more difficult to reach than was already the case. In the past months many people without German citizenship have tried in vain to make an appointment with the Foreigners Authority. As a result, people increasingly visited the Foreigners‘ Registration Office in person and long queues formed in front of the building. The Foreigners Authority assigned 100 numbers per day. The people who did not get a number were supposed to come back the next day. In order to get one of these numbers, people already lined up at 4 a.m. in the morning and had to wait for hours until the office opened.

Currently, there are commitments by the administration and politics to address the inhumane conditions at the foreigners‘ registration office. An online form for making an appointment has been set up; a visit is now only possible with advance notice.

This online form is automatically switched off when „spontaneous customer service capacity is reached“. The competition for an appointment will reopen the following week.

The people from the queues are made invisible. This may make the state capital feel more comfortable – but nothing has been achieved for those affected.

The conditions do not change considerably with the new procedure. Certainly fewer people will visit the foreigners‘ registration office in the morning or at night in the cold. Never- theless, people without German citizenship are still exposed to long waiting times for an appointment at the Foreigners‘ Registration Office, so that their concerns cannot be dealt with (in time).

As a result, people cannot present valid residence papers at e.g. police checks. Without valid residence papers, it will continue to be difficult to receive benefits from the social welfare office and job center (on time) or to take up a job/training. Also, renting an apartment – which is already difficult on the racist structured housing market – is unimaginable under these circumstances.

It does not help if 100 people per day are allowed to „present their concern“.

The approach of the state capital worsens the precarious situation of people who are exposed to insecurity, harassment and discrimination in racist conditions even outside of a pandemic. 

We therefore present our concern without making an appointment:

End the competition for life chances! Stop the administration of misery! Give people papers!

Demonstration in front of the foreigners‘ registration office

09.11.2020. 07.00 a.m.

Please take care of yourselves and pay attention to each other. At the demonstration we wear mouth and nose covers and keep our distance.

Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit Hannover